Veranstaltung: | LDK Jena 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Landtagswahlprogramm 2024 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz in Jena vom 02. - 04. Februar 2024 |
Beschlossen am: | 04.02.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
C. Freiheit schützen – Vielfalt leben: 7. Wir halten Kommunen handlungsfähig
Text
Wir halten Kommunen handlungsfähig
Unsere Städte, Gemeinden und Landkreise in Thüringen sind das Herzstück in der
Frage: Wie kann gutes Leben in Thüringen aussehen? Hier entscheiden sich viele
wichtige Dinge des täglichen Lebens. Gibt es genügend bezahlbaren Wohnraum,
Kindergärten und Schulen? Existiert eine funktionierende, digitalisierte
Verwaltung, die Bürger*innen ernst nimmt? Gibt es genügend Sporthallen,
Schwimmbäder, Parks und lebendige Innenstädte? Fahren genug Busse?
Kommunen übernehmen viele wichtige Aufgaben, die das Leben der Menschen direkt
betreffen. Gerade die aktuellen Herausforderungen eines klimagerechten
Strukturwandels, einer Mobilitäts-, aber auch Bauwende betreffen die Kommunen
besonders. Darum ist es uns ein Herzensanliegen, Kommunen in ihrer
Handlungsfähigkeit zu stärken. In der besseren Finanzierung der Kommunen haben
wir bereits einiges erreicht und setzen uns auch auf Bundesebene für eine
auskömmliche Finanzierung ein. Aber es geht eben nicht nur um das Geld: es geht
auch um funktionierende Strukturen und um eine starke Demokratie auch auf
kommunaler Ebene.
Kernziele:
- Stärkung der kommunalen Investitionen in Klimaschutz, Bildung und
Digitalisierung sowie alle Belange der Daseinsvorsorge
- Thüringer Kommunalordnung weiter überarbeiten, Transparenz und Kompetenzen
für Räte stärken
- Kommunale Demokratie stärken und Kommunalpolitik attraktiver machen
Kommunen absichern, Handlungsspielräume ermöglichen
In der auskömmlichen Finanzierung der Kommunen haben wir unter BÜNDNISGRÜNER
Regierungsbeteiligung bereits wichtige Fortschritte gemacht – noch nie floss so
viel Landesgeld wie heute in die Haushalte der Kommunen. Das Ergebnis: Die
Verschuldungen der Städte und Gemeinde sinken und auch für Investitionen gibt es
etliche Zuschüsse. Gerade der neu eingeführte Soziallastenausgleich entlastet
die Kommunen deutlich. Trotzdem sind die Investitionsbedarfe weiterhin hoch –
gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise und der Digitalisierung, aber auch dem
Ausbau von öffentlichem Nahverkehr, guten Bildungs-, Betreuungs-, und
Kulturangeboten, gibt es viel zu tun. Insbesondere Investitionen in erneuerbare
Energien rentieren sich für die Kommunen sehr schnell. Daher muss es ihnen
möglich sein, diese Investitionen ohne große Hürden zu tätigen.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Modernen sozial-ökologischer kommunalen Finanzausgleich, der besonders die
Bereiche Klima, Digitalisierung, Bildung, Teilhabe und Erreichbarkeit
berücksichtigt
- Stärkung des “Konnexitätsprinzips”, nach dem alle Aufgabenübertragungen an
Kommunen angemessen finanziert werden müssen (siehe Kapitel Haushalt &
Finanzen)
- Dialog mit Kommunen zum weiteren Schuldenabbaupfad und
Haushaltskonsolidierung für stark verschuldete Kommunen
- Weiterführung und Ausbau von gezielter Unterstützung der Kommunen bei
Belangen der Daseinsvorsorge, von Klimaschutz- und Klimaanpassung,
chancengerechter Bildung, attraktiven Kulturangeboten, Einrichtungen für
ein vielfältiges und generationenübergreifendes Miteinander,
Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung sowie Schaffung moderner und
barrierefreier öffentlicher Infrastruktur
- Unterstützung bei Aufgaben der Gemeinschaftsverpflegung
- Beteiligung von Kommunen an Energiegenossenschaften und anderen
rentierlichen Investition im Energiebereich ermöglichen
- Finanzielle Beteiligung der Kommunen an den Erlösen von Windenergieanlagen
über ein Energiebeteiligungsgesetz garantieren
- Einrichtung von Fonds in Thüringer Kommunalordnung ermöglichen,
beispielsweise für Bodenbevorratung (siehe Kapitel Wohnen)
- Einsatz auf Bundesebene für mehr kommunale Finanzautonomie, z. B. mehr
Steueranteile für Kommunen
- Finanzielle und strukturelle Förderung von kommunaler Bürgerbeteiligung,
Ehrenamt, Nachbarschaftsprojekten, sowie einem lebendigen Vereinsleben in
Kultur, Sport und weiteren gesellschaftlichen Bereichen
- Vereinfachung der Regelungen im Zusammenhang mit
Stellenbesetzungsverfahren und Fachkräftegewinnung, insbesondere der
Fachkräftezulage oder Einstufung entsprechenden Erfahrungsstufen im TVöD
Demokratie in Kommunen stärken
Viele tausende Menschen sind auf kommunaler Ebene ehrenamtlich politisch aktiv.
Sie gestalten damit in ihrer Freizeit das Leben in ihren Städten, Dörfern und
Landkreisen mit. Daher wollen wir die Kommunalpolitik darin stärken, attraktiver
für Ehrenamtliche zu werden und mehr Menschen einzubinden.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Transparentere und bürger*innenfreundlichere Gestaltung der Thüringer
Kommunalordnung unter anderem mit mehr Frage- und Befassungsrechten für
Räte
- Weiteren Ausbau der verpflichtenden Beteiligung von Kindern und
Jugendlichen in Kommunalordnung
- Einführung und Unterstützung von Kinder- und Jugend- oder Schüler*innen-
Parlamenten
- Absenkung des kommunalen Wahlrechts, sodass Jugendliche bereits ab 14
Jahren wählen dürfen
- Auch Nicht-EU-Bürger*innen das aktive und passive kommunale Wahlrecht
ermöglichen
- Einführung der automatischen Zusendung von Briefwahlunterlagen und
offiziellen Informationen über die Bewerber*innen bei Kommunalwahlen
- Den Zwang zur Amtseintragung für die Sammlung von
Unterstützer*innenunterschriften für die Einreichung von Wahlvorschlägen
abschaffen
- Öffentlichkeit von Ausschüssen verpflichtend einführen und Rechte der
kommunalen Parlamente stärken bei der Kontrolle kommunaler Unternehmen und
Beteiligungen, aber auch der Kommunalverwaltung
- Stärkung der Rolle des "Sachkundigen Bürgers" in Kommunalausschüssen
- Thüringer Kommunalordnung weiterentwickeln und kommunalen Räten mehr
Kontrolle und Fragerechte bei Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises
ermöglichen
- Möglichkeit von Scheinkandidaturen unterbinden
- Bürger*innen stärker als bisher an Gestaltung ihrer Städte und Gemeinden
und der dafür erforderlichen Ausgabenplanung beteiligen
- Integrationsbeiräte mit festen Kompetenzen in Kommunalordnung verankern
- Unterstützung der Einrichtung weiterer kommunaler Integrationsbeiräte und
ihrer Einbindung in politische Entscheidungsprozesse
- Attraktivität der Arbeit der Gemeinderäte und Kreistage erhöhen und
Bedingungen für das Ehrenamt stärken, unter anderem durch die Ermöglichung
von hybriden Sitzungen, geregelte Erstattung von Kinderbetreuungskosten,
familienfreundlichere Sitzungszeiten, gezielte Unterstützung der
Kandidatur von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen für
Kommunalmandate, eine festgelegte Mindestfinanzierung für Fraktionen
(siehe Kapitel Demokratie)
- Förderprogramm für Kommunen zur Einführung und Stärkung
familienfreundlicher Gremienarbeit
- Freistellungsregelungen und Verdienstausfall für Ehrenamt auch für
Angestellte adäquat regeln
- Unterstützung kommunaler Antidiskriminierungsarbeit und Stärkung der
Diversität von Kommunalverwaltungen (siehe Kapitel Antidiskriminierung)
Leistungsfähigkeit der Kommunen sichern
Kommunen sind direkt mit der Bewältigung vieler politischer Herausforderungen
konfrontiert. Von der Bereitstellung einer sozial gerechteren Daseinsvorsorge
über attraktive Mobilitätsangebote bis hin zu der entscheidenden Frage, wie wir
die Klimakrise vor Ort meistern - Vieles entscheidet sich auch an der
Leistungsfähigkeit der Kommunen. Daher wollen wir effiziente, leistungsfähige
und modern ausgestattete Kommunen.
Das erfordert auch eine moderne digitale und leistungsstarke Verwaltung. Für die
Bürger*innennähe ist es wichtig, dass Behörden einfach und unkompliziert vor Ort
ansprechbar sind – beispielsweise über die flächendeckende Einrichtung von
Bürgerservicebüros und -terminals. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen
und Gemeindezusammenschlüsse bleiben weiter wichtig, denn gemeinsam lösen sich
Probleme am besten.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Gestärkte kommunale Selbstverwaltung
- Unterstützung der Kommunen bei Modernisierung der Verwaltung – digital,
nah an den Bürger*innen, agil
- Fortsetzung der Förderung freiwilliger Gemeindezusammenschlüsse als
erfolgreicher Ansatz für Modernisierung der Gebietsstrukturen in Thüringen
- Bürger*innen in Gebiets- und Verwaltungsreformen intensiv einbeziehen,
beispielsweise über regionale Bürgergutachten
- Fokus auf Steigerung der interkommunalen Zusammenarbeit, vor allem auch
auf Kreisebene
- Flächendeckendes Angebot von Servicebüros und Terminals für Bürger*innen
- Zügiger Ausbau des Angebots von Verwaltungsleistungen im Internet