Veranstaltung: | LDK Jena 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Landtagswahlprogramm 2024 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz in Jena vom 02. - 04. Februar 2024 |
Beschlossen am: | 04.02.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
B. Gerechtigkeit schaffen - Chancen stärken: 7. Wir kämpfen gegen Armut, für Teilhabe und Selbstbestimmung
Text
Wir kämpfen gegen Armut, für Teilhabe und
Selbstbestimmung
Abgesichert sein, wenn es darauf ankommt: Das macht für uns gute Sozialpolitik
aus. Es geht aber um mehr als das. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt
und wollen allen Menschen in Thüringen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Die Herstellung von Chancengerechtigkeit in allen Bereichen steht für uns daher
im Fokus, besonders in der Bildung - damit die Erfolgs- und Bildungschancen
nicht von der eigenen Herkunft abhängen.
Sozialpolitik ist für uns dabei ein Querschnittsthema, das überall mitgedacht
und betrachtet werden muss. Wir möchten den gesellschaftlichen Zusammenhalt
gezielt fördern, Unterstützungsangebote bereitstellen und soziale Teilhabe
stärken. Denn jeder Mensch muss selbstbestimmt am öffentlichen Leben teilnehmen
können – egal ob mit viel oder wenig Geld, ob mit Behinderung oder ohne, ob jung
oder alt. Im Land kämpfen wir deswegen weiter für höhere Löhne und eine bessere
Tarifbindung, um das Einkommensniveau in Thüringen zu steigern. Im Bund machen
wir uns zusätzlich stark für armutsfeste Sozialleistungen, insbesondere für die
Kindergrundsicherung.
Kernziele:
- Stärkung der Selbstbestimmung und der sozialen Teilhabe durch
Unterstützungsangebote und Abbau von Barrieren
- Verringerung der sozialen Ungleichheit und Abbau von Armut durch gezielte
Entlastungsmaßnahmen sowie höhere Löhne und Sozialleistungen
- Selbstbestimmtes Leben ermöglichen unter anderem durch Bezahlbarkeit und
Barrierefreiheit von Wohnen und Mobilität
- Teilhabe von Menschen mit Behinderung verbessern
Soziale Teilhabe stärken, Armut abbauen
Unsere Gesellschaft ist stark in ihrer Vielfalt und lebt davon, dass
unterschiedliche Menschen sich einbringen. Unser Ziel ist die Verwirklichung
eines gesellschaftlichen Leitbildes, nach dem alle Menschen frei und
selbstbestimmt sagen können: „Ich gehöre dazu“. Dafür müssen wir sicherstellen,
dass jeder Mensch unabhängig vom eigenen Geldbeutel am sozialen Leben teilnehmen
kann und als Teil der Gesellschaft wertgeschätzt wird. Die Basis legen wir dafür
bereits mit einer sozial gerechten Bildung.
Eine starke Demokratie fußt auf einer gerechten und sozial abgesicherten
Gesellschaft ohne Spaltung. Es kann nicht sein, dass in einem so reichen Land
wie Deutschland so viele Menschen arm sind – ob durch zu geringe Löhne oder
nicht armutsfeste Sozialleistungen. Wir kämpfen daher für höhere Löhne,
angemessene Sozialleistungen auf Bundesebene sowie eine bedarfsgerechte
Kindergrundsicherung.
Immer mehr Menschen leben in Altersarmut. Dem begegnen wir durch den Einsatz für
die Einführung einer echten Garantierente auf Bundesebene. Wir setzen uns
außerdem für eine stärkere Anerkennung von Kinderbetreuungszeiten bei der Rente
ein.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Schaffung von notwendigen flächendeckenden Unterstützungsangeboten, um ein
selbstbestimmtes Leben für alle Menschen zu ermöglichen
- Bessere Verknüpfung von nachbarschaftlichen mit professionellen Sozial-
und Gesundheitsleistungen
- Niedrigschwellige Förderung für Begegnungsorte und weitere Unterstützung
der Kommunen bei der Einrichtung von Stadtteilbüros und
Bürger*innenzentren
- Unterstützung von Projekten der kommunalen Gemeinwesenarbeit
- Förderung von Sozial- und Bürgergenossenschaften zur Stärkung des sozialen
Zusammenhalts
- Deutliche Aufstockung der Mittel für sozialen Wohnungsbau und Förderung
von bezahlbarem Wohnen generell (siehe Kapitel Wohnen)
- Ausbau eines barrierefreien und bezahlbaren öffentlichen Nahverkehrs mit
landesweitem Sozialticket gerade im ländlichen Raum (siehe Kapitel
Mobilität)
- Ausbau von Ganztags- und Gemeinschaftsschulen und Einführung der
Lernmittelfreiheit (siehe Kapitel Schule)
- Tafeln in Thüringen finanziell unterstützen
- Unterstützung der Kommunen bei der Verbesserung der sozialen Teilhabe und
Verringerung von Armut, insbesondere durch niedrigschwellige
Informationsangebote für armutsbetroffene Menschen
- Verbesserung der frühkindlichen Bildung sowie der frühen Hilfen, um schon
im Kleinkindalter Chancennachteile abzubauen (siehe Kapitel frühkindliche
Bildung)
- Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ (LSZ)
weiterentwickeln und ausbauen, unter anderem zur Etablierung des
sozialräumlichen Quartiersmanagements (siehe Kapitel Ländliche Räume)
Selbstbestimmung schaffen, Inklusion ermöglichen
Das Recht auf Selbstbestimmung betrifft alle Menschen – mit oder ohne
Behinderung oder chronische Erkrankung. Deutschland und auch Thüringen haben
noch viel vor sich, um die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen und das
Bundesteilhabegesetz (BTHG) mit Leben zu füllen. Wir streben eine inklusive
Gesellschaft an, in der sich Menschen gleichberechtigt einbringen können. Dafür
braucht es viele Veränderungen in den verschiedensten Bereichen des täglichen
Lebens. Vor allem müssen endlich die nötigen Finanzmittel bereitstehen, um das
Recht auf Teilhabe vollumfänglich zu erfüllen.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Einführung eines modernen und zukunftsweisenden Inklusionsgesetzes
- Konsequente Umsetzung des Maßnahmenplans zur Umsetzung der UN-
Behindertenrechtskonvention
- Förderung des inklusiven Sports, insbesondere des Leistungssports
- Maßnahmen zur verbesserten Möglichkeit der Mandatsausübung auf kommunaler
Ebene für Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung
- Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes auch in Thüringen voranbringen und
Strukturen der Eingliederungshilfe entsprechend anpassen
- Gezielte Unterstützung des Rechts auf Arbeit und von Programmen für Budget
für Arbeit (siehe Kapitel Arbeit)
- Stellenausschreibungen der öffentlichen Verwaltung auch an Menschen mit
Behinderung oder chronischer Erkrankung ohne Schwerbehinderungsmerkmal
richten
- Digitales, automatisiertes Portal für Angestellte der öffentlichen
Verwaltung zur standardisierten Beantragung von Hilfsmitteln und
Unterstützungsmaßnahmen am Arbeitsplatz bei Behinderung oder chronischer
Erkrankung als Pilotprojekt und Vorbild für Thüringer Unternehmen
- Werkstätten zu Inklusionsunternehmen weiterentwicklen, in denen Menschen
mit Behinderungen über die Inanspruchnahme von bedarfsgerechten
Nachteilsausgleichen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
mindestens auf Mindestlohnniveau ermöglicht wird
- Vereine und eigene Interessensvertretungen von Menschen mit Behinderungen
oder chronischer Erkrankung mit Landesmitteln fördern
- Besserer Zugang zu Gebärdensprachendolmetscher*innen und anderen
Unterstützungshilfen
- Erarbeitung von Programmen zur Umsetzung des Rechts auf Teilhabe am ersten
Arbeitsmarkt insbesondere für Frauen mit Behinderung und Menschen mit
chronischer Erkrankung
- Ausbau der schulischen Inklusion mit dem Recht auf Regelbeschulung (siehe
Kapitel Schule)
- Verbindliche gesetzliche Regelung zur Ausgestaltung des
Nachteilsausgleiches in Schule, Ausbildung und Hochschule
- Gezielte Wohnungsbauförderung, um mehr barrierefreie Wohnungen zu schaffen
(siehe Kapitel Wohnen)
- Stärkung von Kommunen bei barrierefreier Gestaltung des öffentlichen Raums
sowie öffentlicher Gebäude
- Kommunale Inklusionsbeauftragte schaffen
- Schutzangebote für gewaltbetroffene Menschen mit Behinderung ausbauen,
insbesondere für Frauen, queere, intergeschlechtliche, nicht-binäre,
trans und agender Personen
- Sexuelle Selbstbestimmung stärken und besserer Zugang zu Sexualassistenzen
- Unterstützung der Kommunen beim Abbau von Barrieren im digitalen Raum z.B.
über barrierefreie Websites
- Barrierefreie Gestaltung der digitalen Verwaltung
- Ausbau des Angebots „barrierefrei.thueringen-entdecken.de“, insbesondere
spezifischer Informationen über weitere Städte und touristische Orte und
Angebote für weitere Bedarfe
- Kampagne zur Teilnahme Thüringer Kommunen an der Kennzeichnung „Reisen für
alle“
Freie Wohlfahrtspflege und Sozialwirtschaft unterstützen
Die Sozialwirtschaft steht wie auch andere Branchen vor großen
Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf Fachkräftegewinnung, aber auch die
Finanzierung nötiger Investitionen für Klimaschutz. Gerade die freie
Wohlfahrtspflege verfügt häufig nicht über die nötigen Eigenmittel, um diese zu
realisieren. Wir wollen daher an diesen Stellen gezielt unterstützen.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Unterstützung der Träger bei Gestaltung der sozial-ökologischen Wende und
Förderung von Investitionen
- Aufnahme der Sozialwirtschaft in die Thüringer Digitalstrategie und
Öffnung der bestehenden Programme zur Förderung der Digitalisierung für
Vereine, gemeinnützige GmbHs, Genossenschaften und Stiftungen im sozialen
Bereich
- Gemeinsame Anstrengungen von Land und freien Trägern zur weiteren
Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Erhöhung der Tarifbindung, um die
Fachkräftesituation zu verbessern (siehe Kapitel Arbeit)