Veranstaltung: | LDK Jena 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Landtagswahlprogramm 2024 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz in Jena vom 02. - 04. Februar 2024 |
Beschlossen am: | 04.02.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
A. Umwelt bewahren – nachhaltiges Wirtschaften: 9. Wir sorgen für gutes Leben im ländlichen Raum
Text
Wir sorgen für gutes Leben im ländlichen Raum
Thüringen ist ein ländlich geprägtes Bundesland. Die Nähe zur Natur, die
Nachbarschaftlichkeit, der Zusammenhalt und die Ruhe machen unsere Kleinstädte
und Dörfer zu lebenswerten Orten. Viele Menschen ziehen daher bewusst zurück auf
das Land. Doch viele Orte haben mit einem starken Rückgang der Bevölkerung zu
kämpfen, und auch die örtliche Infrastruktur weist immer größere Lücken auf.
Diese Herausforderungen brauchen passgenaue Lösungen.
Wir wollen die Qualitäten der ländlichen Räume noch weiter voranbringen, mit
einem Fokus auf regionale Wertschöpfung und flächendeckende, bedarfsgerechte
Infrastruktur. Lokale kulturelle Angebote, besonders auch für junge Menschen,
wollen wir erhalten oder neu aufbauen, genauso wie Orte der Begegnung und des
Austauschs zwischen den Bürger*innen. Neue Chancen für alle Generationen ergeben
sich durch flächendeckende Mobilitätsangebote, die allen eine Wahl lassen, wie
sie mobil sein wollen. Damit der ländliche Raum attraktiv bleibt und
perspektivisch wieder wachsen kann, braucht es gute Angebote in räumlicher Nähe
für medizinische Versorgung und Bildung. Einen besonderen Fokus legen wir auf
den Ausbau der Strom- und Wärmenetze ebenso wie auf einen flächendeckenden
Anschluss an schnelles Internet. Kurze Wege sichern wir durch
Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel und Medikamente sowie alltagsnahe
Dienstleistungen vor Ort, beispielsweise in Dorfgemeinschaftshäusern. Innovative
Konzepte sind hier ebenso gefragt wie gemeinschaftliches Engagement, mit dem die
Thüringer*innen das Leben in ihren Gemeinden aktiv gestalten können.
Nur so können ländliche Räume ihre Stärken ausspielen und wieder attraktiver
werden für Familien und junge Menschen.
Kernziele:
- Einführung einer Mobilitätsgarantie im ländlichen Raum
- Erhalt einer flächendeckenden hochwertigen medizinischen Versorgung mit
passenden Angeboten für den ländlichen Raum
- Förderung regionaler Wirtschaft sowie gemeinwohlorientierten
Kreislaufwirtschaft
- Erhalt und Förderung des Zusammenlebens im ländlichen Raum
- Erstellung von Dorfentwicklungsplänen, um Auswirkungen des demografischen
Umbruchs und der Klimakrise gezielt anzugehen
Mobil und gut versorgt im ländlichen Raum
Die Mobilität auf dem Land möchten wir verlässlich stärken – durch eine
Mobilitätsgarantie, den Ausbau von Radwegen sowie moderne, bedarfsangepasste
Lösungen wie Rufbusse. Nur so können alle Menschen eine echte Wahl haben, auf
welche Weise sie mobil sein wollen. Eine gute Anbindung für alle Wege des
Alltags muss dabei für jede Generation gewährleistet sein. Wir sind davon
überzeugt, dass nur durch gute Teilhabemöglichkeiten ländliche Räume attraktiv
gehalten werden können.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Einführung einer Thüringer Mobilitätsgarantie mit einem ausgebauten, gut
verknüpften Netz aus Bus- und Bahnlinien sowie integriertem Rufbusangebot,
sodass jede Gemeinde einmal in der Stunde erreicht werden kann (siehe
Kapitel Mobilität)
- Erhöhte Landesförderung für sichere Fuß- und Radwege in und zwischen den
Gemeinden, Entlastung kleiner Gemeinden durch Übernahme der Radwegeplanung
durch Landkreisebene (siehe Kapitel Mobilität)
- Ausbau der Elektromobilität und Unterstützung von Carsharing-Modellen und
Mitfahr-Apps, um Pkw-Mobilität zu teilen
- Ausbau und Förderung von Park&Ride-Angeboten
- Langfristig Einführung eines monatlichen 29-Euro-Tickets sowie von
kostenfreiem Nahverkehr für Schüler*innen, Auszubildende,
Freiwilligendienstleistende und Studierende (siehe Kapitel Mobilität)
Gesundheit auf dem Land
Die Gesundheitsversorgung unserer Regionen ist für jede Generation von hoher
Bedeutung – gerade in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Auch auf dem
Land ändern sich die sozialen Gefüge und bestehende Netzwerke aus Familien und
Dorfgemeinschaft werden weniger. Der ländliche Raum braucht daher auch in
Zukunft weiterhin verlässliche Standards beim Angebot ärztlicher Versorgung und
der Pflege sowie in medizinischen Notfällen. Dies erreichen wir durch vernetzte
und sektorübergreifende Angebote, bei denen auch die Telemedizin mit einbezogen
wird.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Erhalt einer hochwertigen medizinischen Versorgung auch im ländlichen
Raum, unter anderem durch eine stärkere Vernetzung der Sektoren, Ausbau
der ambulanten Strukturen
- Förderung von Niederlassungen von Ärzt*innen und Praxisteams im ländlichen
Raum, Ausbau von kommunalen Versorgungszentren
- Punktuelle Ergänzung durch neue Versorgungsstrukturen wie
Gesundheitskioske, telemedizinische Angebote und Community Health Nurses
(siehe Kapitel Gesundheit)
- Unterstützung und Erhalt von Apotheken auch im ländlichen Raum
- Bedarfsgerechte Modernisierung der Krankenhausstruktur mit dem Ziel,
flächendeckende Grundversorgung sicherzustellen und qualitativ
anspruchsvolle Leistungen in Thüringen kooperativ aufzustellen
- Absicherung von flächendeckender Versorgung für Notfall- und Unfall,
Geburtshilfe und Kinder
- Rettungsdienst stärken, um die Hilfsfristen sicherzustellen (siehe Kapitel
Rettungsdienst)
Wirtschaft auf dem Land
Von kleinsten Handwerksbetrieben bis hin zu Weltmarktführer*innen finden sich
auch in den Dörfern und Kleinstädten die gesamte Bandbreite an Unternehmen.
Diese Vielfalt zu erhalten und zukunftsfest zu machen, ist Ziel unserer Politik.
Wir setzen uns deshalb für eine zukunftsfeste Wirtschaft mit attraktiven und
vielfältigen Arbeitsplätzen ein. Das umfasst die Ansiedlung neuer Unternehmen
gerade in ländlicheren Regionen, die Stärkung des dualen Ausbildungssystems und
die Unterstützung von handwerklichen sowie kleinen und mittleren Unternehmen bei
anstehenden Investitionen. Einen besonderen Fokus legen wir dabei auf
Wirtschaftskreisläufe, die die Wertschöpfung in der jeweiligen Region halten.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Unterstützung von Initiativen, die ein regionales Wirtschaften stärken,
wie Solidarische Landwirtschaft, Bürgerenergiegenossenschaften,
Forstbetriebsgemeinschaften, Dorfläden und das regionale Handwerk
- Förderung des Ausbaus innovativer, umweltgerechter Technologien – etwa von
Agrophotovoltaikanlagen, kalten Nahwärmenetzen oder nachwachsenden und
umweltverträglichen Rohstoffen im Bauwesen (Holz, Stroh, Lehm, Hanf u.a.)
- Förderung regionaler Wirtschaft sowie gemeinwohlorientierten
Kreislaufwirtschaft
- Unterstützung der örtlichen Unternehmen beim Umstieg auf erneuerbare
Energien und eine Kreislaufwirtschaft
- Regionale Wirtschaftskreisläufe müssen für mehr Beschäftigung vor Ort
erweitert und gestärkt werden
- Vorhandene Beratungs- und Impulsstrukturen innerhalb des Start-up-
Ökosystems weiter stärken, verzahnen und deren Präsenz auch im ländlichen
Raum über Co-Working- und Open-Innovation Spaces ausbauen
- Erhalten und Stärken von Berufsschulen in den ländlichen Räumen und wo
nötig mit Wohnheimangeboten unterstützen (siehe Kapitel Bildung)
- Unterstützung von Hofnachfolgen in der Landwirtschaft bei kleinen und in
Nebenerwerb arbeitenden landwirtschaftlichen Betrieben, insbesondere durch
Beratung und Förderung bei z. B. Existenzgründungen oder
Quereinsteiger*innen sowie außerfamiliären Hofübergabe (siehe Kapitel
Landwirtschaft)
Leben im ländlichen Raum
Lebhafte Ortskerne, Kultur- und Begegnungsorte für alle, intakte Natur und ein
funktionierendes Gemeinwesen - das zeichnet lebendige Dörfer und kleine Städte
aus. Wir unterstützen die Gemeinden gezielt dabei, sich in diese Richtung
weiterzuentwickeln und auch innovative Ansätze wie Leerstandsinitiativen,
Dorfkümmerer und Dorfgemeinschaftshäuser mit integrierten Versorgungsangeboten
zu realisieren.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Erhalt und Wiederherstellung von Wegesrändern, Alleen, Feldmauern und
Streuobstwiesen als wichtigen Beitrag zum Naturschutz und Erhalt der
Kulturlandschaft unterstützen
- Bewahrung und Weiterentwicklung eines reichen kulturellen Lebens für alle
Generationen, durch Unterstützung der Vereinsarbeit und der Kulturszene
- Stärkung von barrierefreien Wohnungen sowie Altenpflegeangeboten auch in
Dörfern
- Förderung von Dorfgemeinschaftshäusern mit vielfältigen Angeboten wie
kulturellen und sozialen Treffpunkten sowie Angeboten der Nahversorgung,
medizinischer Versorgung und Bildung
- Entwicklung der Ortskerne durch die Umnutzung und Ausbau bestehender
Gebäude und durch die Unterstützung (siehe Kapitel Bauen)
- Unterstützung von Leerstandsinitiativen, welche neue
gemeinwohlorientierte, kreative Nutzungskonzepte für leerstehende
Immobilien vorantreiben
- Erstellung von Dorfentwicklungsplänen unterstützen, welche die
Auswirkungen des demografischen Umbruchs und der Klimakrise vor Ort
gezielt angehen
- Entwicklung der Ortskerne unterstützen statt neuer Wohngebiete auf der
grünen Wiese (siehe Kapitel Bauen)
- Nahversorgung im Ort absichern, beispielsweise durch genossenschaftliche
Modelle oder 24-Stunden-Läden
- Etablierung sozialräumliches Quartiersmanagement auf dem Land durch das
Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“
weiterentwickeln
- Ausbau von hauptamtlichen Strukturen zur Stärkung und Unterstützung von
nachbarschaftlichen und Dorf-übergreifenden Netzwerken oder
Vereinsstrukturen, beispielsweise „Dorfkümmerern“
- Unterstützung von Maßnahmen der Regenerierung von Wasserkreisläufen (siehe
Kapitel Umwelt- und Naturschutz)
- Fokussierung von kurzen sicheren Wegen zu Kindergärten und Schulen auf dem
Land
- Mehr Gemeinschaftsschulen und Absicherung der ländlichen Schulstandorte
durch Kooperationen verschiedener Schulen (siehe Kapitel Bildung)
- Förderung von Jugend- und Clubkultur im ländlichen Raum (siehe Kapitel
Kultur)
- Förderung und Weiterentwicklung von Frauenzentren, Zentren für
intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen und queeren
Zentren als leicht zugängliche Beratungseinrichtungen auch im ländlichen
Raum