Veranstaltung: | LDK Jena 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Landtagswahlprogramm 2024 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz in Jena vom 02. - 04. Februar 2024 |
Beschlossen am: | 04.02.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
A. Umwelt bewahren – nachhaltiges Wirtschaften: 2. Wir bewahren unsere Wälder
Text
Wir bewahren unsere Wälder
Wälder gehören zu den ursprünglichsten Naturräumen und prägen in weiten Teilen
Thüringens Landschaften. Dabei bietet der Wald nicht nur einen wichtigen
Erholungs- und Lebensraum für Mensch und Tier. Durch die CO2-Speicherung in
Bäumen und im Waldboden leisten unsere Wälder auch einen wichtigen aktiven
Beitrag zum Klimaschutz.
Aber die Wälder in Thüringen stehen mächtig unter Druck. Dürreperioden,
Borkenkäferkalamitäten, Waldbrände, Stürme und Luftschadstoffe setzen ihnen zu.
Nur noch weniger als ein Fünftel der Bäume in Thüringen sind gesund und die
Borkenkäferschäden nehmen dramatische Ausmaße an. Die Ursachen dieser
Jahrhundertkrise im Wald sind hausgemacht. Wälder waren in Mitteleuropa einst
fast flächendeckend verbreitet. Heute ist nur noch knapp ein Drittel der
Landesfläche Thüringens mit Wald bedeckt. Davon entfallen fast 40 % auf
artenarme Fichtenmonokulturen. Ausgerechnet die gegen Dürre und Borkenkäfer
besonders anfällige Fichte ist die häufigste Baumart in Thüringen. Dabei gäbe es
unter natürlichen Bedingungen Fichtenbestände nur in Kammlagen des Thüringer
Waldes.
Durch häufige Durchforstung und ein dichtes Rückegassensystem wird das in
naturnahen Wäldern geschlossene Kronendach immer wieder geöffnet. Das bleibt
nicht ohne Folgen für das Waldinnenklima und erhöht die Anfälligkeit der Wälder
für Austrocknung. Die Dauerbelastung durch Luftschadstoffe in Form von
Stickoxiden aus dem Straßenverkehr und Ammoniakemissionen aus der
Massentierhaltung macht sich in den Wäldern bemerkbar.
Wenn wir die Jahrhundertkrise des Waldes stoppen und intakte und stabile Wälder
auch für die nachfolgenden Generationen erhalten wollen, brauchen wir einen
neuen Generationenvertrag für den Wald. Und um die Wälder zu retten, müssen wir
die Klimakrise stoppen, Luftschadstoffe eliminieren und die Wälder als
Ökosysteme und nicht als Holzplantagen behandeln.
Eine Forstwirtschaft mit einer klimaresilienten naturnahen Waldnutzung, die die
biologische Vielfalt und die Speicherung klimaschädlicher Gase erhöht, ist für
uns essenziell. Die nächsten Jahre werden das wirkliche Maß des Waldsterbens
zeigen – für uns zählt jeder Tag und voller Einsatz für Wald und Forst in
Thüringen.
Kernziele:
- Dauerwald-Bewirtschaftung als Leitbild für Thüringens Forste
- Förderinstrumente für Umbau zu naturnahen, klimaresilienten Wäldern
vereinfachen, entbürokratisieren und verständlicher machen
- Waldprämie weiterentwickeln und mehr Angebote für Vertragsnaturschutz
schaffen
- Gewinnung von Fachkräften für die Waldarbeit durch weitere Stärkung der
Ausbildungen
- Jugendwaldheime als wichtige Bildungsräume für den Lernort Wald stärken
Ein Wald für alle
Wälder lassen sich ausschließlich generationsübergreifend bewirtschaften. Die
nachhaltige Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz setzt daher voraus, dass
wir die langfristigen Gemeinwohlinteressen der Gesellschaft am Wald über die
kurzfristigen Gewinninteressen der Holzwirtschaft setzen. Gerade die aktuelle
Waldkrise zeigt: Nur intakte, artenreiche Waldökosysteme sind langfristig stabil
und garantieren dadurch einen nachhaltigen Holzertrag.
Wald dient einerseits als Rückzugsgebiet und Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
Gleichzeitig liefert er auch Holz als Rohstoff und stellt damit einen sicheren
Arbeitsplatz für viele Menschen in Thüringen dar. Ziel unserer Waldpolitik ist
daher, eine Forstwirtschaft zu fördern, welche nachhaltige Holzerträge
gewährleistet und die Wälder als artenreiche Ökosysteme, Klimasenken und
Erholungsräume schützt.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Überarbeitung des Thüringer Waldgesetzes mit dem Vorrang auf den Schutz
der Wälder als intakte Ökosysteme
- Naturnahe Dauerwald-Bewirtschaftung und Kommunen
- Befreiung von ThüringenForst als größter Waldbesitzer von Zwängen der
Eigenfinanzierung
- Bewirtschaftung des Landeswaldes nach FSC-Standard
- Verbleib von Landeswald im öffentlichen Eigentum
- Ausrichtung von Förderprogrammen für Privatwaldbesitzer*innen an FSC-
Standards
- Belassen von mehr Totholz im Wald
- Verzicht von Gifteinsatz im Wald
- Modernisierung des Jagdrechtes, um Waldbesitzer*innen und Jäger*innen mehr
Möglichkeiten zu geben, an den Lebensraum angepasste Wilddichten zu
etablieren
- Erhalt des Einheitsforstamtes und Verhinderung der Vergrößerung von
Forstrevieren
- Dauerhafte Einstellung von Waldarbeiter*innen aus eigener Ausbildung bei
ThüringenForst
- Jugendwaldheime als wichtige Bildungsräume für den Lernort Wald
Zukunftsstarker Wald in Thüringen
Der Umbau hin zu einem klimaresilienten Wald ist eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, die nicht nur die Waldbesitzer*innen betrifft. Einen Wald aufzubauen,
der den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist, liegt deshalb in unser aller
Interesse. Doch der Wald ist mittlerweile so stark geschädigt, dass es nicht
möglich sein wird, alle Kalamitätsflächen aufzuforsten. Natürliche Sukzession
hat hierbei für uns grundsätzlich Vorrang gegenüber Wiederaufforstung. Dadurch
wird eine naturnahe Waldentwicklung gefördert und es können Finanzmittel für
Pflanzungen und Personal gespart werden.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Entwicklung eines Landesprogramms zur langfristigen ökologischen
Waldentwicklung
- Erhöhung der Menge des Baumholzes auf 70 Prozent der Vorräte
entsprechender Naturwälder
- Plenterbewirtschaftung der Wälder mit Orientierung am Zieldurchmesser
eines Baumes
- Reduktion der Anzahl der Durchforstungen pro Waldgeneration
- Rückbau von Entwässerungsgräben für bessere Wasserspeicherung
- Reduktion der Befahrung des Waldbodens, Beschränkung des Einsatzes
schwerer Maschinen auf das Nötigste und Unterstützung alternativer
Ernteverfahren (Abstand der Rückegassen soll 50 Meter nicht
unterschreiten)
- Kein weiterer Bau neuer Waldwege
- Integration von lebenden Biotopbäumen und Totholz zum Standard machen
- Umsetzung der in Thüringen abgestimmten Flächenkulisse für Nutzungsfreie
Flächen im Rahmen des 5 Prozent - Biodiversitätsziels bis spätestens 2029
- Vorrang der natürlichen Sukzession vor Wiederaufforstungen, um eine
naturnahe klimaresiliente Waldentwicklung zu fördern
- Regulierung der Wilddichten, so dass die Regeneration des Waldes möglich
wird und Baumarten ohne künstliche Schutzmaßnahmen langfristig existieren
können
- Verbesserung der Förderinstrumente für Umbau zu naturnahen Dauerwäldern
- Unterstützung von Forstbetriebsgemeinschaften
Wald als Arbeitsplatz
Wir werden Holz als nachwachsenden, klimapositiven Rohstoff zukünftig noch
stärker in den Fokus rücken. Unser Ziel: die regionale Verarbeitung vom Baum bis
zum Produkt in unserem Freistaat wieder zu stärken und Arbeitsplätze in der
gesamten Wertschöpfungskette in Thüringen zu sichern.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Stärkere Förderung der Holzverarbeitung/-veredelung in Thüringen zum
Aufbau und Erhalt regionaler Wertschöpfungsketten
- Mehr Holzbau im Thüringer Bausektor: Zusammenarbeit von Wirtschaft und
Universitäten fördern
- Gewinnung von Fachkräften für die Waldarbeit durch weitere Stärkung der
Ausbildungen im Forstbereich
- Langfristige Stärkung des Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum vom
ThüringenForst, sowie landeseigener Baumschulen