Veranstaltung: | Landesparteirat Stadtroda 2020 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Katrin Göring-Eckardt, KV Gotha |
Eingereicht: | 17.09.2020, 17:16 |
Thüringen will sicherer Hafen sein! Humanitäre Katastrophe in Moria beenden! Geflüchtete von den griechischen Inseln jetzt aufnehmen!
Beschlusstext
Antragssteller*innen: Katrin Göring-Eckardt (KV Gotha), Astrid Rothe-Beinlich
(KV Erfurt), Reinhard Bütikofer (KV Erfurt), Anja Siegesmund (KV Jena), Dirk
Adams (KV Erfurt), Ann-Sophie Bohm-Eisebrandt (KV Weimar), Bernhard Stengele (KV
Altenburg), Heike Möller (KV Erfurt), Tino Gassmann (KV Unstrut-Hainich)
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Thüringen will sicherer Hafen sein! Humanitäre Katastrophe in Moria beenden!
Geflüchtete von den griechischen Inseln jetzt aufnehmen!
Die Lage in Moria ist eskaliert und das war absehbar. Die Verantwortlichen in
Europas Hauptstädten und auf Brüsseler Ebene haben hier kläglich versagt. Moria
war noch nie ein guter Ort. Hilfsorganisationen wiesen immer wieder auf die
unhaltbaren Zustände in dem Lager hin, das teilweise bis zu siebenfach
überbelegt war. Monatelange pandemiebedingte Ausgangsbeschränkungen verschärften
die ohnehin angespannte Situation dramatisch. Nachdem das Flüchtlingscamp in
Moria auf der Insel Lesbos am 08. September 2020 zu großen Teilen abgebrannt
ist, hat sich die Situation erneut massiv verschlechtert und zugespitzt. 12.500
geflüchtete Menschen – darunter -nach Angaben des UNHCR- mehr als 4.000 Kinder –
wurden obdachlos und leben unter unwürdigsten Bedingungen, ohne ausreichende
Versorgung mit Essen, Wasser, medizinischer Betreuung, müssen ohne sanitäre
Einrichtungen auf den Straßen campieren. Es mangelt auch an Schutz gegen eine
weitere Verbreitung von Covid-19. Es fehlt an Schutz und Würde sowie an allem,
was Kinder zum Leben brauchen: Orte zum Spielen, seit Jahren gibt es in Moria
keine Angebote für Schulunterricht, selbst das wenige Spielzeug ist den Flammen
zum Opfer gefallen.
Erste Zelte auf einem ehemaligen Militärgelände sind als Notversorgung geeignet,
aber keine Lösung. Gleichzeitig sind noch mehr als 20.000 Menschen in weiteren
überfüllten Lagern in der Ost-Ägäis. Währenddessen steht die seit Jahren
andauernde Zerstrittenheit der Mitgliedsländer einer konzertierten europäischen
Hilfe im Weg, es gibt keine sofortige Evakuierung, keine Verteilung und keine
Aufnahme der Geflüchteten in den Mitgliedsstaaten der EU. Die griechischen
Behörden sind völlig überfordert und planen weiter geschlossene Lager auf den
Inseln und dem griechischen Festland. Geflüchtete und Hilfsorganisationen fragen
immer wieder, ob diese Lager abschreckende Wirkung haben sollen und aus diesem
Grund weder europäischen noch Menschenrechtsstandards entsprechen.
Auch die Bundesregierung leistet nicht die notwendige Hilfe. Erst nach langem
Zögern hat sie sich dazu bereit erklärt, 1.553 Geflüchtete – Familien mit
Kindern – aufzunehmen, deren Asylverfahren abgeschlossen sind. Gut für jede und
jeden Einzelnen. Doch dies reicht bei weitem nicht aus. Wir sagen ganz klar:
Moria und die anderen Lager müssen jetzt evakuiert und die Geflüchteten in
Sicherheit gebracht werden. So wichtig es ist, darauf zu bestehen, dass alle
Mitglieder der Europäischen Union eine Mitverantwortung übernehmen müssen, so
unakzeptabel ist es, dass sich CDU/CSU und SPD hinter der Untätigkeit anderer
EU-Mitgliedsstaaten verstecken. Der Bund muss endlich seine Verantwortung und
die Möglichkeiten der EU-Ratspräsidentschaft nutzen und gemeinsam mit
bereitwilligen europäischen Ländern sofort die Verteilung und die Aufnahme der
Geflüchteten von den griechischen Inseln in Deutschland und anderen
aufnahmebereiten Ländern organisieren sowie rasch Asylverfahrenen in den
Aufnahmemitgliedsstaaten einleiten, um für die Geflüchteten schnell Klarheit zu
schaffen und denen, die Asyl oder einen anderen dauerhaften Aufenthaltsstatus
bekommen, Ankommen und Integration zu ermöglichen .
Wir wollen unsere Landesaufnahmeanordnung in Thüringen Wirklichkeit werden
lassen und mindestens 500 Menschen in Thüringen zusätzlich aufnehmen.
Angesichts der großen Bereitschaft von inzwischen 174 Kommunen allein in
Deutschland und mehrerer Bundesländer - darunter auch Thüringen - schutzsuchende
Menschen von den griechischen Inseln aufzunehmen, können wir die bundesweite
Aufnahme von 1.553 Menschen höchstens als einen Anfang bezeichnen.
Weiterhin verlangen wir von Bundesinnenminister Seehofer, seine Blockade für die
geplanten Landesaufnahmeprogramme für Geflüchtete von den griechischen Inseln zu
beenden. Die fadenscheinigen juristischen Argumente, mit denen das
Bundesinnenministerium diese Programme bislang ablehnt, sind aus unserer Sicht
lediglich vorgeschoben. Wir appellieren daher an unsere Landesregierung,
schnellstmöglich auch juristisch gegen diese unrechtmäßige Blockade vorzugehen
und Klage einzureichen.
Thüringen ist gut vorbereitet. Wir haben im Konjunkturprogramm zusätzlich 13,3
Mio. Euro für die Kommunen bereitgestellt, die damit auch die dezentrale
Unterbringung optimieren können, und im Haushalt 2021 zusätzlich 4,6 Mio. Euro
für die Landesaufnahmeanordnung im Einzelplan 05 eingestellt. Das Land Thüringen
ist bereit, Kommunen wie Erfurt, Jena oder Weimar sind bereit und die
Geflüchteten brauchen dringend Hilfe. Wir haben Platz, wir haben die
Verantwortung und wir haben die Pflicht, unseren Beitrag zur humanitären Hilfe
angesichts der dramatischen Verhältnisse auf den griechischen Inseln jetzt zu
leisten. Deutschland muss handeln – die Aufnahmen von Geflüchteten kostet uns
wenig. Und Deutschland muss sich endlich wirksam dafür einsetzen, dass die
Europäische Union insgesamt handelt. Die Aufnahme von Geflüchteten darf nicht
schnöde als Kostenfaktor behandelt werden. Wir fordern daher als BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN Thüringen alle Verantwortlichen auf, die humanitäre Katastrophe in Moria
und den anderen Lagern an den europäischen Außengrenzen endlich zu beenden.
Nachdem EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der EU am
15. September 2020 gesagt hat: „Seenotrettung ist nicht optional“, fordern wir
sie im Übrigen dazu auf, aktuell eine Initiative für eine neuerliche EU-
Seenotrettungsmission im Mittelmeer zu ergreifen und dafür zu sorgen, dass die
privaten Seenotretter besser geschützt und unterstützt werden.
Unser Dank und unser Respekt gelten all jenen, die sich derzeit haupt- oder
ehrenamtlich um die Geflüchteten kümmern. Von Thüringen soll das Signal
ausgehen: Wir lassen Euch nicht allein und wir wollen endlich auch praktisch
sicherer Hafen sein. #EvacuateMoriaNow - #LeaveNoOneBehind - #WirHabenPlatz