Veranstaltung: | LDK Jena 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 8. Landtagswahlprogramm 2024 |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz in Jena vom 02. - 04. Februar 2024 |
Beschlossen am: | 04.02.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
A. Umwelt bewahren – nachhaltiges Wirtschaften: 11. Wir nehmen Tierschutz ernst
Text
Wir nehmen Tierschutz ernst
Als Menschen stehen wir nicht nur in der Verantwortung für uns selbst und für
die Natur. Auch Tieren gegenüber tragen wir eine große Verantwortung. Sie sind
selbstverständlicher Teil unseres Lebens – ob als Wildtiere in Wald und Feld,
als freilebende Tiere wie Tauben und Katzen, als Haustiere wie Hunde oder als
Tiere in der Landwirtschaft.
Unser alltägliches Handeln hat dabei großen Einfluss darauf, wie es den Tieren
geht. Sie haben ein Recht darauf, dass wir sie nicht als Objekte sehen, sondern
ihre Bedürfnisse ernst nehmen und ihnen ein Leben frei von Schmerz und Leid
zugestehen. Viel zu häufig werden diese Rechte der Tiere jedoch übergangen – sei
es bei ungenügenden Haltungsbedingungen in Landwirtschaft oder zu Hause, bei der
Zerstörung von Lebensräumen oder bei Tierversuchen. Das muss aufhören. Unser
Anliegen ist es, unsere Verantwortung ernst zu nehmen und die Interessen von
Tieren politisch stärker zu berücksichtigen.
Kernziele:
- Stärkung der Tierheime und Tierschutzprojekte
- Einführung eines Sachkundenachweises bei der Hundehaltung
- Stärkung der Tierschutzkontrollen in der Landwirtschaft und konsequentere
Ahndung von Tierschutzverstößen
- Anpassung der Haltungsbedingungen in der Landwirtschaft
- Einführung einer Landestierschutzbeauftragten
- Reduzierung von Tierversuchen
Tierheime und Tierschutzvereine stärken
Tierschutz funktioniert nicht ohne die Menschen, die diesen in der Fläche
umsetzen. Mehr als 3.000 Menschen engagieren sich im Landestierschutzverband
Thüringen e.V. für den Tierschutz. In 19 Tierheimen und drei
Tierauffangstationen arbeiten sie für das Wohl der ihnen anvertrauten Tiere.
Doch viele Tierheime in Thüringen müssen angesichts der steigenden Kosten um
ihre Existenz kämpfen, viele Tierschutzprojekte arbeiten nur auf Spendenbasis
ohne staatliche Unterstützung. Es ist daher zwingend notwendig, die Tierheime
und Tierschutzprojekte abzusichern und gemeinsam mit den Kommunen besser zu
finanzieren. Wir können nicht länger staatliche Aufgaben auf ehrenamtliche oder
prekär finanzierte Vereine abwälzen.
Wir BÜNDNISGRÜNE konnten bereits erreichen, dass die Einrichtungen mit einer
Million Euro gefördert werden. Das möchten wir fortführen und ausbauen. Auch die
Einführung der Katzenschutzverordnung ist ein Fortschritt. Doch es braucht auch
in Zukunft weitere Anstrengungen, um Tierleid zu verringern und zu bekämpfen.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Unterstützung von Tierheimen, Tierauffangstationen und Lebenshöfen sowie
Einsatz für auskömmliche, verlässliche Finanzierung von kommunaler und
Landesseite
- Stärkere Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit im Tierschutz und
Unterstützung zur Schaffung hauptamtlicher Stellen
- Ausbau der unbürokratischen finanziellen Unterstützung von Tierheimen bei
Bau- und Sanierungskosten sowie Zuschüsse zu Futter-, tierärztlichen und
Personalkosten
- Erhalt und Entbürokratisierung der Mittel für Katzenkastrationen
- Ausweitung der Katzenschutzverordnung prüfen und stärkere Anreize bei
Kommunen zur Umsetzung schaffen
- Einführung eines Sachkundenachweises für Hundehalter*innen, um Abgaben
durch überforderte Halter*innen im Tierheim zu reduzieren und Beißvorfälle
zu reduzieren
- Einrichtung von offenen Taubenschlägen in Thüringer Kommunen und
landeseigenen Liegenschaften unterstützen
- Finanzielle Unterstützung von alternativen Tierschutzprojekten wie den
Bärenpark Worbis
- Aufbau mindestens einer landeseigenen Auffangstation für verletzte
Wildtiere nach dem Vorbild der Vogelschutzwarte Seebach
Tierschutz in der Landwirtschaft stärken
Um Tieren bessere Lebensbedingungen zu bieten, muss sich insbesondere in der
Landwirtschaft noch viel zum Positiven wenden.
Die Massentierhaltung muss daher ein Ende haben. Unser Ziel ist, die
Haltungsbedingungen an die Bedürfnisse der Tiere anzupassen und nicht umgekehrt.
Dazu gehören viel Platz und Auslauf möglichst im Freien, artgerechtes
strukturreiches Futter sowie Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere. Zudem
unterstützen wir aktiv den Ausbau von vegetarischen und veganen Alternativen in
der Essensversorgung.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Ausbau der Thüringer Tierwohlstrategie für die Landwirtschaft, Schaffung
eines „Pakt für artgerechte Tierhaltung“
- Stärkere Unterstützung für Anpassung der Haltungsbedingungen in der
Landwirtschaft, um artgerechteres Leben zu ermöglichen (siehe Kapitel
Landwirtschaft)
- Flächendeckende Einführung und bessere Finanzierung mobiler
Schlachtstätten
- Höchstgrenze für Tiertransporte von 4 Stunden oder 150 Kilometern
einführen und bessere Kontrolle
- Brandschutz in Ställen verbessern durch eine Änderung der Landesbauordnung
- Stärkung von vegetarischen und veganen Alternativen in der öffentlichen
Essensversorgung
Höhere Priorität für Tierschutz
Artikel 32 der Thüringischen Landesverfassung verpflichtet den Freistaat
Thüringen, Tiere vor nicht artgerechter Haltung und vermeidbarem Leid zu
schützen. Daher ist es auch in Zukunft weiterhin unser Ziel, Tierschutz in der
Politik einen höheren Stellenwert zu verleihen.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Einführung eines Verbandsklagerechts, damit anerkannte Tierschutzverbände
bei Verletzung des Tierschutzrechtes tätig werden können
- Finanzielle Unterstützung des Landestierschutzverbands
- Schaffung eines oder einer unabhängigen Tierschutzbeauftragten auf
Landesebene mit eigener Stabsstelle als politische Interessenvertretung
für Tiere
- Erstellung eines jährlichen Tierschutzberichts
- Stärkung der Veterinärbehörden auf Landes- und Kommunalebene
- Schaffung von klaren Zuständigkeiten innerhalb der Kommunal- und
Landesverwaltungen für Tierschutzanliegen
- Prüfung der Neuordnung von Aufgaben des Tierschutzes auf Landes- und
Kommunalebene, beispielsweise Kontrollen von Tiertransporten
- Unterstützungs- und Beratungsangebote für Kommunen, die sich für den
Tierschutz auf ihrem Gemeindegebiet engagieren
- Ausbau der Tierschutzkontrollen und schnellere und gezielte Ahndung von
Verstößen gegen Tierschutzgesetz
- Bundesweiter Einsatz für Positivliste für Tiere im Zirkus und private
Exotenhaltung, Einschränkung des Onlinehandels von Tieren
Tierversuche reduzieren
Tierversuche sind in einigen Forschungsbereichen noch immer regelmäßige Praxis.
Und das, obwohl längst gute und funktionierende Alternativen existieren. Wir
sehen Tierversuche sehr kritisch, da ihre Ergebnisse nur eingeschränkt
übertragbar sind und zeitgleich immenses Tierleid produzieren. Daher möchten wir
Strategien stärken, mit denen wir stückweise aus Tierversuchen aussteigen
können.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Reduzierung, Ersetzen und Abschaffung von Tierversuchen nach dem 3R-
Prinzip (Replace = Ersetzen, Reduce = Verringern, Refine = Verbessern)
- Möglichkeiten, Studium ohne Tierversuche absolvieren zu können
- Knüpfung der Genehmigung von Tierversuchen an strengere Kriterien,
Kontrollen und die Forschung zu Alternativen (siehe Kapitel Hochschule)
Veterinärmedizinische Versorgung in Thüringen sichern
Tierärzt*innen sind nicht nur für Haustierhalter*innen, sondern auch für
Landwirt*innen wichtig. Ohne Tierärzt*innen gibt es keine gesunden Tiere. Daher
möchten wir weiterhin für funktionierende Strukturen und Anreize sorgen, um
einem Mangel in diesem Bereich vorzubeugen.
Deshalb setzen wir uns ein für:
- Erhalt und Ausbau des tierärztlichen Notdienstes, auch mit Blick auf
Großtiere
- Verbesserung des Zugangs zum Studium der Tiermedizin und eine stärkere
Berücksichtigung der persönliche Eignung als der Abschlussnote
- Anreizsystem zur Ansiedlung von Tierärzt*innen im ländlichen Raum, um
gezielte Niederlassung zu fördern