Veranstaltung: | LDK Erfurt 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 10 Sonstige Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 01.10.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 01.10.2025, 21:41 |
A4: Demokratie unter Feuer: Aktive schützen, Strukturen stärken
Antragstext
Unsere Demokratie lebt von Menschen, die sich vor Ort engagieren: als
Ortsteilbürgermeisterin, in Bürgerinitiativen, bei Bildungsprojekten oder
Bürgerbündnissen gegen Rechtsextremismus. Viele der Gruppen und Projekte vor Ort
arbeiten ehrenamtlich oder unterfinanziert. Dabei sind die lokal Engagierten so
wichtig wie noch nie – denn Demokratie muss in unserem Alltag stattfinden, um
erlebbar zu werden, und jeden Tag neu eingeübt und aufrecht erhalten werden.
Umso bedenklicher ist es, dass Antifaschist*innen, zivilgesellschaftlich und
kommunalpolitisch Engagierte in Thüringen wie bundesweit zunehmend
Einschüchterung, Bedrohungen und Übergriffen ausgesetzt sind. Besonders stark
sind dabei Menschen betroffen, die sich gegen Rechtsextremismus, für eine
vielfältige Gesellschaft oder in der Lokalpolitik engagieren. Diese Angriffe
kommen nicht nur, aber überwiegend aus extrem rechten Strukturen und verfolgen
insbesondere das Ziel, lokal Engagierte zu verdrängen und damit unsere
Demokratie zu schwächen, demokratisches Engagement zu delegitimieren und
Engagierte zu verunsichern. Das führt dazu, dass immer mehr Menschen ihre
Mitgliedschaften bei progressiven Parteien geheim halten, ihre ehrenamtliche
Arbeit aufgeben oder nicht mehr für kommunale Ämter und Mandate kandidieren.
Wenn demokratisch Handelnde sich zurückziehen müssen, schwindet die
demokratische Substanz unserer Gesellschaft. Daher muss es ein übergeordnetes
Ziel aller demokratischen Kräfte unserer Gesellschaft sein,
zivilgesellschaftlich und kommunalpolitisch Aktive zu schützen und strukturell
abzusichern. Indem wir demokratisch Engagierte schützen und stärken, sichern wir
das Fundamt unser Demokratie. Wir leisten Widerstand gegen antidemokratische
Strategien, die darauf abzielen, Beteiligung zu verhindern oder zu
delegitimieren.
Doch es gibt auch immer mehr subtile Versuche, die lokale Arbeit für Demokratie
und vielfältige Gesellschaft zu unterminieren – etwa indem Vertreter*innen der
extremen Rechte sich in Begleitgremien für die lokalen „Partnerschaften für
Demokratie“ wählen lassen. Oder indem sie kleine Anfragen zu konkreten Projekten
stellen mit dem Ziel diese zu delegitimieren oder einzuschüchtern. Die CDU zeigt
sich hier als willige Erfüllungsgehilfin, indem sie extrem rechte Kandidat*innen
mitwählt, in die Verächtlichmachung anderer demokratischer Parteien einstimmt
oder selbst die Legitimität von Demokratieprojekten gegen Rechts anzweifelt, wie
es jüngst die für diese Förderprogramme zuständige Bundesfamilienministerin der
CDU tat. Auch für die Union muss gelten: Gerade in Zeiten erstarkender rechter
Strukturen müssen demokratische Kräfte zusammenstehen, sich klar gegen
Rechtsextremismus positionieren und an einem Strang ziehen, wenn es um dessen
Bekämpfung von geht. Doch klar ist auch, dass es endlich wirksame Maßnahmen
braucht, um lokale Aktive für Demokratie und Vielfalt zu schützen. Viele fühlen
sich von staatlichen Strukturen allein gelassen, für die sie sich doch
eigentlich engagieren. Mit verlässlichen rechtlichen, strukturellen und
finanziellen Maßnahmen können wir gewährleisten, dass Menschen, die sich für
Demokratie und vielfältige Gesellschaft einbringen, nicht allein gelassen
werden, sondern unterstützt und geschützt.Wir fordern daher:
Verbindliche politische Bekenntnisse und Schutzpflichten
Auf allen staatlichen Ebenen – Kommune, Land, Bund – muss ein
unmissverständliches Bekenntnis zur Unterstützung demokratischen
Engagements und des Einsatzes gegen Rechtsextremismus erfolgen. Dieses
Bekenntnis soll als Auftrag verstanden werden, nicht als Symbolpolitik.
Planungssicherheit und Entlastung für geförderte Projekte und Arbeit gegen
Rechtsextremismus
Projektmitarbeiter*innen und Engagierte können besser mit Anfeindungen
umgehen, wenn sie in verlässlichen Strukturen sowie gesicherten Finanzen
arbeiten und nicht ständig einem Verlust von Fachkräften ausgesetzt sind.
Die Antragstellung und Abrechnung von zivilgesellschaftlichen Projekten
müssen deutlich vereinfacht werden, damit Initiativen ihre Zeit und
Energie in die inhaltliche Arbeit statt in Bürokratie investieren können.
Gleichzeitig braucht es eine verlässliche Finanzierung: Förderungen von
langfristig angelegten Strukturen dürfen nicht mehr auf wenige Jahre
befristet sein, sondern müssen kontinuierlich und stabil ausgestaltet
werden. Wichtige Programme wie Elly, ezra und Mobit müssen angesichts der
großen Nachfrage ausfinanziert werden. Nur so entstehen Planungssicherheit
und Strukturen, die nachhaltige Demokratieförderung ermöglichen.
Ein Demokratiefördergesetz verabschieden
Wir fordern die Verabschiedung eines Demokratiefördergesetzes in
Thüringen, das Demokratieförderung als dauerhafte staatliche Aufgabe
festschreibt. Damit werden Projekte, Beratungsstellen und
Bildungsinitiativen verlässlich und langfristig abgesichert, anstatt von
kurzfristigen Programmen und wechselnden Haushaltslagen abhängig zu sein.
Ein solches Gesetz muss feste Finanzierungsstrukturen schaffen,
Transparenz und Qualität sicherstellen und die Mitwirkung von
Zivilgesellschaft und Praxisakteur*innen garantieren. So entsteht eine
sichere Grundlage für die Weiterentwicklung demokratischer Strukturen im
Land.
Zentrale Melde- und Unterstützungsstelle für bedrohte Engagierte
Es muss eine unabhängige Meldestelle geschaffen werden, die Menschen, die
sich für eine demokratische und vielfältige Gesellschaft oder in der
Kommunalpolitik engagieren, die Opfer von Drohungen, Einschüchterung oder
Gewalt sind, direkt berät, begleitet und bei rechtlichen sowie
sicherheitstechnischen Maßnahmen unterstützt.
Konsequente Strafverfolgung und Sensibilisierung der Behörden
Übergriffe gegen demokratisch Engagierte müssen konsequent aufgeklärt und
geahndet, entsprechende Personalkapazitäten bereitgestellt werden. Der
staatliche Schutzauftrag muss auf alle Engagierte für Demokratie und
offene Gesellschaft ausgeweitet werden. Polizei, Staatsanwaltschaft und
Gerichte müssen sensibilisiert und geschult werden, um Bedrohungen als
Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die
vielfältige Gesellschaft zu verstehen und nicht als „Einzelfall“.
Monitoring und statistische Erfassung von Übergriffen
Es muss ein Instrument etabliert werden, das systematisch Bedrohungen,
Einschüchterungsversuche und Gewalttaten gegen Engagierte für Demokratie
und vielfältige Gesellschaft erfasst (bundes- und landesweit). Nur durch
verlässliche Zahlen lassen sich wirksame Gegenstrategien entwickeln.
Erleichterter Schutz personenbezogener Daten / Auskunftssperren
Wir fordern eine deutliche Senkung der Hürden für Auskunftssperren in
Melderegistern und öffentlichen Verzeichnissen zum Schutz von Engagierter
für Demokratie und vielfältige Gesellschaft. Wo Gefahr besteht, müssen
personenbezogene Daten zuverlässig geschützt werden können. Dieser Vorgang
muss einfach verständlich, mit möglichst wenig Hürden durchzuführen sein
und im Zweifelsfall schnell umgesetzt werden.
Öffentlichkeitskampagnen zur Wertschätzung von Engagement für Demokratie
und vielfältige Gesellschaft
Wir fordern begleitende Kampagnen, die den Wert und die Bedeutung von
Engagement für Demokratie und Vielfalt in Kommunen und Zivilgesellschaft
hervorheben. Damit soll das gesellschaftliche Bewusstsein erhöht und neue
Menschen zum Engagement für unsere offene und vielfältige Gesellschaft
motiviert werden.
Intensivierung von Maßnahmen gegen extrem rechte Strukturen
Landes- und Bundesregierung sind aufgerufen, den Kampf gegen
Rechtsextremismus als staatliche Aufgabe ernst zu nehmen und die Maßnahmen
gegen die extreme Rechte zu intensivieren. Dazu gehört insbesondere die
Ausweitung von Distanzierungs- und Deradikalisierungsarbeit vor Ort,
konsequente Strafverfolgung rechtsextremer Gewalttaten sowie Zerschlagung
von Strukturen der extremen Rechten.
Unterstützer*innen
- Clara Käßner (KV Gera)
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