Veranstaltung: | LDK Erfurt 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 10 Sonstige Anträge |
Antragsteller*in: | Felix Kalbe (KV Gotha) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 03.10.2025, 19:14 |
A8: Besserer Schutz für politisches Engagement - die Landesregierung muss jetzt handeln
Antragstext
In den vergangenen Jahren sind in Thüringen (ehrenamtliche) Politiker*innen
zunehmend Ziel politisch motivierter Straftaten geworden. Beleidigungen,
Einschüchterungsversuche und Gewalt nehmen zu und werden in ihrer Form immer
aggressiver und bedrohlicher. Die Zahlen sind alarmierend. Im Jahr 2024 wurden
in Thüringen 248 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger*innen registriert.¹
Zudem stiegen die Angriffe auf Büros von Abgeordneten des Bundestags und des
Thüringer Landtags auf ein neues Rekordniveau von 118 Fällen.²
Auch die Zahl der Politisch Motivierten Straftaten im Allgemeinen erreichte im
vergangenen Jahr einen traurigen Allzeithochstand mit 5.234 zur Anzeige
gebrachten Straftaten.³
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die nicht zur Anzeige gebrachte
Dunkelziffer weitaus höher liegt. Zwei von drei erfassten Straftaten sind dabei
rechts motiviert. Die Haupttatsdeliktsbereiche umfassen dabei Tötungsdelikte,
Körperverletzungen (mehr als drei von vier Delikten) sowie Brand- und
Sprengstoffdelikte.³
Diese Entwicklung verdeutlicht: Bedrohungen und Angriffe sind längst kein
Randphänomen mehr, sondern betreffen die alltägliche Arbeit vieler demokratisch
Engagierter. Gerade Kommunalpolitiker*innen ziehen sich aus der politischen
Verantwortung zurück, eine gefährliche Entwicklung für unsere Demokratie,
besonders in den ländlichen Regionen Thüringens.
Es sind gerade politisch handelnde Akteure, die durch ihr Engagement unsere
Heimat prägen, die besonders von den Anfeindungen undemokratischer Kräfte
herausgefordert sind. Sie sind der Motor des Miteinanders, die unsere
Gesellschaft zu einem pluralen Ort der Mitgestaltung, Toleranz, Weltoffenheit
und Vielfalt machen. Ihr Schutz im Handeln und die Ermöglichung ihres
Engagements ist die zentrale innenpolitische Aufgabe in Thüringen – gerade
angesichts der massiven Störung unseres rechtsstaatlichen Systems, die wir
vermehrt erleben.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern deshalb den Thüringer Innenminister Georg Maier
und die Thüringer Justizministerin Beate Meißner auf, Lösungen gegen politisch
motivierte Kriminalität (PMK) gegen Amts- und Mandatstragende sowie demokratisch
engagierte Menschen aller Parteien, Vereine und Initiativen auszuarbeiten, die
über den bestehenden Maßnahmenkatalog hinaus gehen.
Wir wollen Transparenz: Der jährliche Bericht zur “Statistik Politisch
Motivierte Kriminalität”³ des Thüringer Ministerium für Inneres, Kommunales und
Landesentwicklung muss um die Daten zur PMK gegen Amts- und Mandatstragende
erweitert werden. Nur wenn wir das konkrete Ausmaß kennen, können wir wirksame
Schutzmaßnahmen entwickeln, die präventiv sind und Betroffene angemessen
unterstützen.
Die Thüringer Polizei ist ein unverzichtbarer Partner. Sie arbeitet engagiert,
stößt jedoch zunehmend an ihre Grenzen, insbesondere durch personelle und
materielle Engpässe. Bereits 2022 war fast mehr als die Hälfte der Polizisten in
Thüringen über 46 Jahre alt.⁴
Das bedeutet: hohe Pensionierungswellen ab den 2030er Jahren, wenn nicht
gegengesteuert wird. Wir fordern deshalb, die Ausbildungskapazität an der
Thüringer Polizeihochschule zu erhöhen. Im Bereich Digitalisierung fordern wir
Investments für die Auswertung von Beweismitteln und bei der Bearbeitung
digitaler Bedrohungslagen. Das beinhaltet auch, die Datenmengen für digitalen
Anzeige zu erhöhen und auch die Polizei im Bereich der digitalen Forensik
endlich zeitgemäß auszustatten.
2024 lag die Aufklärungsquote³ für PMK bei rund 42%. Davon wurden welche mangels
Täter-Ermittlung oder fehlender Tatnachweise eingestellt, andere wegen
Geringfügigkeit. Es braucht bessere Erfassungs- und Auswertungsstrukturen sowie
spezialisierte Ermittlungskapazitäten.
Das Problem lässt sich jedoch nicht allein lösen: Vom Thüringer Minister für
Inneres, Kommunales und Landesentwicklung erwarten wir deshalb, dass er sich für
einen Bund-Länder-Sicherheitsgipfel zum Thema stark macht und bei der Ständigen
Konferenz der Innenminister und -senatoren im Dezember 2025 einen konkreten
Maßnahmenplan vorlegt. Dabei soll ein besonderes Augenmerk auf die gezielte
Einschüchterung von Politiker*innen aller Ebenen gelegt werden, etwa durch
Übergriffe in den Privatbereich, wie sie auch im Entwurf des Gesetzes zum
besseren strafrechtlichen Schutz von Amts- und Mandatsträger*innen⁵ adressiert
ist.
Der Freistaat Thüringen muss jetzt mit klaren, verbindlichen Vorschlägen für
Prävention,
Strafverfolgung und Polizeiausstattung vorangehen, um gemeinsam mit den anderen
Ländern wirksame Schutzmaßnahmen umzusetzen. Jede Verzögerung gefährdet die
Sicherheit derer, die sich für unsere Demokratie einsetzen.
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Quellen:
Unterstützer*innen
- Nele Bär (RV Wartburgkreis/ Eisenach)
- Matthias Kaiser (KV Gotha)
- Doreen Denstädt (KV Gotha)
- Albrecht Loth (KV Gotha)
- Thomas Brückmann (KV Gotha)
- Heiko Knopf (KV Jena)
- Christian Heine (KV Wartburgkreis/Stadt Eisenach)
- Clara Käßner (KV Gera)
Kommentare
Christian Heine: